Faltrad oder E-Scooter kaufen?

Wer ein praktisches Fortbewegungsmittel für die Stadt sucht, hat heute eine zusätzliche Option: den E-Scooter. Die urbane Mobilität scheint derzeit eine kleine Revolution zu erleben. E-Scooter sind aus vielen Städten nicht mehr wegzudenken. Sie sind schnell, vergleichsweise günstig, elektrisch angetrieben und lassen sich kompakt verstauen. Soll man nun ein Faltrad oder einen E-Scooter kaufen?

Obwohl beide Fortbewegungsmittel Flexibilität im Stadtverkehr versprechen, zeigen sich bei näherer Betrachtung grundlegende Unterschiede. Welche Entscheidungskriterien sind also wichtig, um die richtige Wahl zu treffen? In diesem Beitrag werden E-Scooter und Falträder in den Kategorien Sicherheit, Alltagstauglichkeit, Nachhaltigkeit und Stil verglichen.

Sicherheit – Stehend gegen Sitzend

Das Leben ist schön, solange nichts passiert. Deshalb sollten Sicherheitsüberlegungen beim Entscheid an erster Stelle stehen. Dabei geht es um das Fahr- und Bremsverhalten unter realen Bedingungen, wie man sie beim Pendeln im dichten Stadtverkehr eben antrifft.

Der wesentliche Unterschied zwischen E-Scootern und Falträdern ist die Körperhaltung beim Fahren, die sich direkt auf das physikalische Verhalten auswirkt. Beim E-Scooter steht der Fahrer aufrecht auf einem schmalen Brett und stützt sich mit den Händen ab. Das hat sicherheitsrelevante Konsequenzen.

  • Ein stehender Fahrer befindet sich höher über dem Boden, wodurch sich der Gesamtschwerpunkt des Systems (Scooter plus Fahrer) nach oben verlagert. Dies verschlechtert die Stabilität bei schnellen Richtungswechseln, abruptem Bremsen oder auf unebenem Untergrund. Diese Instabilität wird durch kleine Räder (oft 8 bis 10 Zoll) verstärkt, da sie Hindernisse schlechter überwinden.
  • Gemäss dem Newtonschen Trägheitsprinzip bleibt ein Körper in Bewegung, bis er durch eine Kraft abgebremst wird. Bei einem plötzlichen Bremsmanöver kann der Fahrer diese aufgrund der nur zwei Kontaktpunkte (Schuhe, Hände) nur begrenzt sicherstellen. Die stehende Position erhöht bei einem abrupten Stopp zudem die Gefahr, durch das entstehende Drehmoment über den Lenker nach vorne geschleudert zu werden.
  • Zudem bieten die kleinen Räder weniger Haftung auf dem Untergrund. Vor allem bei Nässe, Sand oder Laub steigt die Rutschgefahr im Vergleich zu einem grösseren Fahrradreifen erheblich.

Diese physikalischen Nachteile zeigen sich in auch den Unfallzahlen. Laut einer Studie des DLR ist das Unfallrisiko (bereinigt um die zurückgelegte Strecke) mindestens doppelt so hoch wie beim Fahrradfahren.

Unfälle sind schnell passiert und können zu schweren Verletzungen führen. In meinem Fall vor vier Wochen mit einem Faltrad, welches bei einem Sturz eine Niere verletzt hat. Eine kurze Unachtsamkeit und schon ist man ein paar Wochen ausser Gefecht gesetzt.

Diese Risiken sollten jedoch nicht grundsätzlich von der Nutzung von E-Scootern abhalten. Wer sich der Besonderheiten bewusst ist und sein Fahrverhalten entsprechend anpasst, insbesondere die Geschwindigkeit bei heiklen Verhältnissen reduziert, kann das Risiko deutlich verringern.

Alltagstauglichkeit

E-Scooter sind im gefalteten Zustand meist kleiner als Falträder. Aufgrund von Motor und Batterie sind sie jedoch schwerer. Ein hochwertiger E-Scooter wiegt typischerweise gut 20 kg. Gefederte Modelle noch ein paar Kilogramm mehr. Damit sind komfortable E-Scooter bis zu 10 kg schwerer als nichtelektrische Falträder.

Nun mag man sich fragen, ob der Vergleich von motorisierten Scootern mit nichtelektrischen Falträdern gerecht ist. Aufgrund der höheren Effizienz eines Fahrrads und der Tatsache, dass stabile Scooter für Erwachsene fast ausschliesslich mit E-Antrieb angeboten werden, scheint dieser Vergleich jedoch zulässig.

Weitere Unterschiede zeigen sich natürlich auch beim Komfort und der Gepäcktransportfähigkeit. Ein Sattel bietet mehr Komfort als das Fahren im Stehen. Falträder erlauben zudem meist die Anbringen irgendwelcher Taschen. Ob das beim täglichen Pendeln relevant ist, hängt vom persönlichen Anforderungsprofil ab.

Dafür ist man mir E-Scootern auch ohne körperliche Anstrengung zügig unterwegs. Das ist besonders im Sommer ein Vorteil, wenn Radfahrer bei Ankunft und ohne Fahrtwind oft noch einige Minuten schwitzen, bis der Kreislauf wieder zurück im Normalzustand ist. 

Beide Verkehrsmittel lassen sich gut mit dem öffentlichen Verkehr kombinieren. E-Scooter punkten mit minimalem Platzbedarf, Falträder dafür mit geringerem Gewicht. Auch das Verstauen im Büro oder im Kofferraum ist bei beiden sehr einfach möglich.

Nachhaltigkeit und Lebensdauer

Hochwertige Falträder sind in der Regel deutlich teurer als E-Scooter: Sie kosten zwischen 1’000 und 3’000 Euro, während E-Scooter etwa 500 bis 1’000 Euro kosten. Dieser Preisunterschied ergibt sich aus Material, Konstruktion und Reparaturfreundlichkeit.

Falträder von Brompton, Tern, Riese & Müller und anderer renommierter Hersteller sind auf jahrzehntelange Nutzung ausgelegt. Komponenten können ausgetauscht werden, Verschleissteile sind standardisiert, der Servicezugang ist beim Fachhändler problemlos.

E-Scooter sind hingegen eher Konsum- als Investitionsgüter und daher meist billiger hergestellt. Ihre Klappmechanismen, Bremsen und Elektronik verschleissen schneller. Die Akkus sind teilweise verklebt oder nur schwer austauschbar.

Wer sein Fahrzeug regelmässig nutzt, profitiert langfristig von der höheren Investition in ein Faltrad. Bei seltener Nutzung oder kurzen Strecken kann ein E-Scooter aber eine sinnvolle Wahl sein – vorausgesetzt, er wird pfleglich behandelt und nicht unter ungünstigen Bedingungen eingesetzt.

Stil und Kultur

Mit der gewählten Mobilitätsform sendet man als Fahrerin und Fahrer stets auch eine Botschaft aus. Wer mit dem Faltrad unterwegs ist, wird tendenziell als aktiv, umweltbewusst und technisch interessiert wahrgenommen. Die Entscheidung für ein hochwertiges und langlebiges Produkt vermittelt Werte wie Nachhaltigkeit und Stil.

E-Scooter wirken spontaner, unkomplizierter, manchmal auch konsumorientierter. Die stehende Fahrweise vermittelt eher ein passives Mobilitätsverhalten; im Gegensatz zur aktiven Fortbewegung mit Muskelkraft auf dem Faltrad.

Wenn Leih-Scooter gedankenlos geparkt werden, schadet das ihrem Ruf und führt zu Regulierungen, welche die Nutzung einschränken könnten. Änliche Bilder kann vor Bahnhöfen natürlich auch für Fahrräder finden.

Ob dies ein relevantes Entscheidungskriterium ist, sei jedem selbst überlassen. Aufgrund des Sharing-Booms, der vielen E-Scooter im Stadtbild sowie des gelegentlich gedankenlosen Abstellens der Fahrzeuge regt sich in Städten Widerstand. Möglicherweise sind mit steigender Regulierung und neuen Verboten für E-Scooter zu rechnen.

Zwei Mobilitätslösungen mit unterschiedliche Stärken

Soll man nun eine Faltrad oder einen E-Scooter kaufen? Beide haben ihren berechtigten Platz im urbanen Verkehr. Welches Verkehrsmittel besser geeignet ist, hängt vom individuellen Nutzungsprofil ab.

Die Alltagstauglichkeit von E-Scootern ist auf kurzen Strecken hoch. Bei schlechtem Wetter, insbesondere bei Regen oder Laub auf der Strasse, nimmt sie jedoch deutlich ab. Die kleinen Räder bieten nur eine eingeschränkte Traktion. Entsprechend steigt die Gefahr von Rutschunfällen. Falträder hingegen behalten ihre Fahreigenschaften bei Nässe besser bei, da sie über grössere Räder, eine stabilere Sitzposition und eine bessere Ergonomie verfügen.

Das Faltrad überzeugt durch seine höhere Sicherheit, Vielseitigkeit, Komfort, und Langlebigkeit. Es eignet sich nicht nur für den täglichen Weg zur Arbeit, sondern auch für Reisen, Ausflüge oder den Fahrradurlaub und ist damit mehr als ein reines Nahverkehrsmittel.

Damit sind wir vielleicht beim entscheidenden Kriterium für den Kaufentscheid: Will ich nur in der Stadt pendeln und nehme bei schlechtem Wetter sowieso die Strassenbahn, oder suche ich ein vielseitiges Transportmittel, welches ich auch in der Freizeit und auf längeren Strecken nutzen kann?

Viel Spass bei der Evaluation. Wer sich für ein Faltrad entscheidet, findet hier Informationen, worauf man beim Kauf achten sollte.


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