Als Leser dieses Blogs wissen Sie, dass Falträder sehr taugliche Fahrräder sind. Aufgrund ihrer kompakten Bauweise, des kürzeren Radstands und der kleineren Laufräder haben Falträder jedoch eine andere Sitzposition und ein anderes Fahrverhalten als Tourenräder. In diesem Beitrag zeigen wir, wie Sie mit dem Faltrad stets sicher und entspannt unterwegs sind.
Beginnen wir als Genussmenschen mit der Frage, wie man mit Falträdern auch auf längeren Strecken bequem reist.
Bequemes Reisen mit dem Faltrad
Grundsätzlich ist es auf jedem Fahrrad schwierig, auf längeren Strecken bequem unterwegs zu sein. Die Körperhaltung ist gestreckt, der Nacken befindet sich in einer unnatürlichen Position. Zudem bieten Sattel und Lenkergriffe nur eine kleine Auflagefläche für das Körpergewicht. Durch eine sorgfältige Einstellung und Auswahl der Komponenten kann jedoch viel dafür getan werden, dass man auch nach einer langen Tour entspannt vom Rad steigt.
Die richtige Sitzhaltung
Eine gesunde Sitzhaltung auf dem Fahrrad basiert auf den biomechanischen Gesetzmässigkeiten des Körpers. Die folgenden Punkte verringern die Belastung von Muskeln und Skelett und ermöglichen eine effiziente Kraftübertragung:
- Zunächst ist die korrekte Höhe des Sattels zu beachten. Sie ist erreicht, wenn das Bein beim tiefsten Punkt der Pedalumdrehung gerade gestreckt ist. Viele Leute tendieren dazu, den Sattel zu tief einzustellen, da dies das Absteigen an einer roten Ampel erleichtert. Dies führt jedoch zu einer schnelleren Ermüdung beim Treten.
- Als Nächstes ist die Lenkerhöhe korrekt zu wählen. Diese sollte so eingestellt sein, dass der Rücken leicht nach vorne geneigt ist (ca. 15–20°). Bei einigen Modellen (wie z. B. dem Birdy) ist eine Verstellung der Lenkerhöhe möglich. Bei anderen Modellen, wie dem Brompton, sind verschiedene feste Lenkerhöhen verfügbar.
- Horizontale Position des Sattels: Bei der Tretbewegung darf das Knie nicht übermässig nach innen oder aussen kippen. In der 3-Uhr-Stellung der Pedale muss es möglichst genau über der Pedalachse stehen. Dazu kann man den Sattel horizontal verschieben. Mithilfe einer Schnur mit Gewicht lässt sich dies leicht prüfen: Man hält die Schnur an die Kniescheibe und stellt sicher, dass sie durch die Pedalachse läuft.
- Um den Druck auf das Schambein zu reduzieren, muss der Sattel zudem komplett waagerecht oder nur ganz leicht nach vorne geneigt sein. Am besten kontrolliert man das mit einer Wasserwaage. Ein zu stark nach vorne geneigter Sattel belastet die Hände stärker, ein nach hinten geneigter verursacht Druckstellen wo man keine will.
Wer sich die Zeit nimmt, das Faltrad an seine Körperergonomie anzupassen, wird deutlich komfortabler, mit besserer Kontrolle und weniger Beschwerden unterwegs sein. Bei kompakten Falträdern ist die richtige Sitzhaltung entscheidend dafür, ob es auch auf längeren Strecken Freude macht.
Fachhändler helfen meist gerne bei der richtigen Einstellung und haben auch passende Komponenten an Lager, wenn ein Austausch nötig sein sollte. Wenn man einen Komponentenaustausch gleich beim Kauf vornimmt, lässt sich das oft als Zugabe verhandeln. Das ist auch sympathischer, als um einen Rabatt zu feilschen.
Wer sich vertieft mit diesem Thema befassen will, findet auf dem Blog Fahrrad & Gesundheit sehr gut aufbereitete Beiträge, die noch viel mehr in die Tiefe gehen.
Der passende Sattel
Generell sitzt man auf dem Faltrad aufrechter als auf Tourenrädern. Beim gemütlichen Cruisen, wie es beim Faltradfahren oft der Fall ist, steht man zudem weniger stark in den Pedalen. In der Summe lastet somit mehr Körpergewicht auf dem Sattel.
Deshalb ist die passende Breite des Sattels wichtig. Sie muss zur Sitzknochenweite passen. Einige Fachhändler bieten eine Vermessung des Abstands der Sitzknochen an. Alternativ kann man sich auch zu Hause auf ein Stück Wellpappe setzen und den Abstand der Eindrücke der Sitzknochen messen. Bei einer aufrechten Sitzposition sollte man im Zweifelsfall lieber einen etwas breiteren Sattel wählen, da die Sitzknochen flacher aufliegen und eine grössere Auflagefläche benötigen, um Druckstellen zu vermeiden.
Die Polsterung sollte nicht zu weich sein. Was im ersten Moment bequem erscheint, kann bei längeren Fahrten zu Problemen führen. Zu weiche Sättel verursachen durch Einsinken einen erhöhten Druck auf empfindliche Bereiche wie das Schambein oder die Weichteile. Zudem versagt die Polsterung in den belasteten Bereichen oft schnell. Ein Beispiel hierfür sind manche Gel-Sättel, bei denen das Gel an den Auflagepunkten weggedrückt wird. Für die meisten Fahrer ist ein mittelhartes Polster ideal.



Es gibt eine schier unendliche Auswahl an Fahrradsätteln, von ganz leicht über tourentauglich bis zu regelrechten Sofas. Leider kann man rein optisch kaum abschätzen, ob ein Sattel zu eigenen Anatomie passt.
Die Sattelform sollte zudem dem Fahrstil entsprechend gewählt werden. Für längere Touren ist ein schmaler, ergonomisch geformter Sattel mit Aussparung oder Druckentlastungszone oft die beste Wahl.
Eine weitere Möglichkeit ist ein Ledersattel, der sich den Sitzknochen anpasst. Dies erfordert jedoch viele hundert Kilometer Einfahrzeit und setzt zudem geeignete Kleidung voraus. Hosen und/oder Unterwäsche mit Nähten an den Kontaktstellen zum Sattel können bei Ledersätteln schnell zu Schmerzen führen.
Weitere Elemente für bequemes Fahren
Neben der Körperhaltung und dem Sattel sind auch Komponenten wie Lenker-Griffe, Radhosen und selbst das getragene Schuhwerk wichtig für bequemes Reisen.
- Passende Griffe: Wechselnde Griffpositionen entlasten die Nervenbahnen in den Händen und beugen Taubheitsgefühlen vor. Dazu kann es sinnvoll sein, kompakte Ergogriffe zu prüfen.
- Radhosen: Auch der beste Sattel ist unbequem, wenn man auf Nähten der Hose oder Unterhose sitzt. Man kann es nicht genug betonen, dass hochwertige Radhosen mit Sitzpolster und Unterwäsche ohne Nähte wichtiger sind, als der Sattel.
- Geeignetes Schuhwerk: Einige Falträder haben kleinere Pedale als Tourenräder, um ein kleines Faltmass zu erreichen. In diesem Fall ist es besonders wichtig, Schuhe mit harter, wenig elastischer Sohle zu tragen, um die Kraft effizient auf die Pedale zu übertragen. Joggingschuhe mit speziell stossabsorbierenden Sohlen eignen sich nicht für Räder mit kleinen Pedalen. Ein Teil der Tretenergie wird zur Verformung der Sohle verwendet, statt sie für den Vortrieb zu nutzen.
- Reifenbreite und Reifendruck: Je kleiner die Räder sind, desto empfindlicher reagieren sie auf Unebenheiten im Untergrund. Schmale und hart aufgepumpte Reifen laufen zwar auf glattem Asphalt gut, reagieren aber empfindlich auf Hindernisse wie z. B. Schlaglöcher. Das ist nicht nur unbequem, sondern kann auch gefährlich werden, wenn der Lenker nicht fest genug gehalten wird. Etwas breitere Reifen (2 Zoll) und ein moderater Druck um 3 bar erhöhen den Komfort und die Sicherheit deutlich, ohne dass der Rollwiderstand merkbar erhöht wird. Mehr dazu im Beitrag Effizient unterwegs trotz kleiner Räder.


Ergogriffe können den Komfort auf längeren fahren deutlich steigern. Für vergleichsweise filigrane Falträder eignen sich besonders die kompakten Ergogriffe gut. Zudem lassen sie sich gut mit der Hand umschliessen, was bei kleinen Rädern wichtig ist, um stets die Kontrolle zu behalten.

Sicheres Fahren
Falträder mit kleinen Laufrädern von 16 bis 20 Zoll reagieren schneller auf Lenkimpulse und Bodenunebenheiten. Zudem haben sie konstruktionsbedingt meist einen kürzeren Radstand und oft auch einen steileren Steuerwinkel als grössere Fahrräder. Dies führt bei höheren Geschwindigkeiten zu mehr Nervosität und Instabilität.
Beide Hände am Lenker
Diese konstruktionsbedingten Eigenheiten bergen ein erhöhtes Risiko für einen Kontrollverlust. Darum ist es wichtig, den Lenker stets mit festem Griff beider Hände zu führen. Besonders bei Ergolenkern kann es passieren, dass man die Handfläche bequem auf die breite Fläche legt, ohne den Lenker mit dem Damen fest zu umschliessen.


Wenn der Daumen den Lenker nicht sichert, kann es bei Unebenheiten der Fahrbahn gefährlich werden. Insbesondere wenn man nur eine Hand am Lenker hat. Darum beim Naseputzen stets darauf achten, dass der Daumen den Lenker sichert.
Die richtige Bremstechnik
Die Bremsen von hochwertigen Falträdern verfügen über ausreichend Bremskraft. Besonders bei Nässe kann die Reifenhaftung am Boden jedoch die Bremskraft übersteigen. Beim sicheren Bremsen kommt es auf die Dosierung, an.
Die Vorderradbremse ist bekanntlich der wichtigste Verzögerer. Unter normalen, trockenen Bedingungen stammen rund 70 bis 80 % der Bremsleistung von der Vorderradbremse. Der Grund dafür liegt in der physikalischen Gewichtsverlagerung nach vorne beim Bremsen.
Ein zu starkes Betätigen der Vorderradbremse kann jedoch dazu führen, dass das Rad blockiert, denn kleinere Räder haben auch eine kleinere Kontaktfläche zum Boden. Das kann bei Nässe oder rutschigem Untergrund zum Kontrollverlust führen. Darum:
- Den Bremsvorgang mit der Hinterradbremse beginnen und dann zunehmend die Vorderradbremse einsetzen. So wird die Gewichtsverlagerung genutzt und die Vorderradbremse nicht sofort überlastet.
- Bei Nässe oder rutschigem Untergrund (z.B. Sand, Kies oder Laub) muss die Bremskraft gleichmässiger auf beide Räder verteilt werden, da das Vorderrad sonst blockieren und wegrutschen kann.
- Bremsen Sie mit nur einem oder zwei Fingern, um den Lenker fest im Griff zu behalten. Ziehen Sie nie ruckartig an den Bremshebeln. Besonders hydraulische Scheibenbremsen reagieren sehr schnell und haben eine hohe Bremskraft.
- Den Oberkörper möglichst tief und zentriert halten. Bei steilen Abfahrten das Gewicht etwas nach hinten zu verlagern, d.h. auf dem Sattel nach hinten rutschen.
Bei langen oder steilen Abfahrten besteht die Gefahr, dass die Bremsen überhitzen. Die Felge bzw. die Bremsscheibe hat bei kleinen Rädern eine geringere Oberfläche zur Wärmeabfuhr. Zudem rotieren sie schneller, wodurch sich die Hitze beim Dauerbremsen rascher aufbaut. Das kann zu Bremsfading (Verlust der Bremswirkung) oder bei Felgenbremsen gar zu Reifenplatzern führen.
Darum sollte man bei langen Abfahrten nicht permanent bremsen, sondern in kurzen Intervallen intermittierend bremsen. Dabei wechselt man zwischen Vorder- und Hinterradbremse. So hat jede Bremse zwischendurch Zeit zum Abkühlen. Ich habe mir auch angewöhnt, nach 300 Höhenmetern Abfahrt kurz anzuhalten, um das Bremssystem etwas abkühlen zu lassen. Das ist besonders bei Modellen mit Felgenbremsen wichtig.
Die richtige Bremstechnik kann geübt werden. Warum nicht ein paar Runden auf einem Platz drehen und aktiv darauf achten, die Bremse mit nur einem oder zwei Fingern kontrolliert zu ziehen und das Gewicht etwas nach hinten zu verlagern?
Fahrstabilität und Spurverhalten
Räder im Bereich von 16–20 Zoll erzeugen einen geringeren gyroskopischen Effekt. Das führt besonders bei höherem Tempo zu einem instabileren Geradeauslauf. Das Rad reagiert direkter auf Lenkimpulse, aber auch empfindlicher auf Bodenunebenheiten oder Seitenwind.
Zudem haben Falträder meist einen steileren Steuerwinkel, was das Lenkverhalten schneller und nervöser macht. Das ist im Stadtverkehr vorteilhaft, bei schnellen Abfahrten oder Beladung jedoch instabiler als ein flacherer Lenkwinkel und/oder ein längerer Radstand. Darum neigen Falträder bei Geschwindigkeiten über 30 km/h zu einem nervösen oder gar instabilen Fahrverhalten.
Bei hohen Geschwindigkeiten kann auch ein Lenkerflattern auftreten, da kleine und leichte Vorderräder bei bestimmten Resonanzfrequenzen zum Flattern neigen (Speed Wobble).
Zudem verlängert sich der Bremsweg überproportional zur Geschwindigkeit, da die Bewegungsenergie mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zunimmt. Wenn mann doppelt so schnell fährt, müssen die Bremsen viermal mehr Bewegungsenergie Energie in Wärme umsetzen.
Falträder sind eben keine Rennräder. Wer schnell unterwegs sein möchte, ist mit einem Rennrad besser beraten. Zwar sind mit dem Faltrad Geschwindigkeiten über 30 km/h möglich, aus genannten Gründen ist das jedoch nicht empfehlenswert.
Fahrverhalten mit Gepäck
Wir wissen nun, dass Falträder kompakter sind und einen kürzeren Radstand haben. Gepäck wirkt sich daher stärker auf das Fahrverhalten aus, als bei einem grossen Tourenrad. Es wichtig, das Gepäck so zu verteilen, dass das Fahrrad ausgewogen bleibt. Es sollte links und rechts gleich schwer sein und möglichst tief und nahe am Rahmen angebracht werden. Je kompakter und gleichmässiger das Gewicht liegt, umso unauffälliger fährt sich das Rad.
Frontgepäck hat bei Falträdern wie dem Brompton aber auch einen stabilisierenden Effekt, da die Gepäcktasche direkt am Rahmen befestigt wird. Das Gewicht liegt nahe am Schwerpunkt, wodurch sich die Balance kaum verändert.
Heckgepäck: Der hintere Träger bietet sich an, um das Gewicht gleichmässig zu verteilen. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die Ferse beim Treten die Taschen nicht berührt. Das ist bei Falträdern aufgrund des kurzen Radstands oft der Fall.
Ein grosser Rucksack ist keine gute Option, da der Schwerpunkt zu hoch liegt und der Rücken kein stabiler Träger ist. Die Fahrstabilität leidet spürbar darunter. Gegen einen Tagesrucksack mit Regenjacke, Wertsachen etc. ist nichts einzuwenden.
Vor einer Reise oder dem ersten grösseren Einkauf sollte man die Beladung zu Hause ausprobieren, auch mit typischem Fahrverhalten (z. B. Bordstein, Kurve, Anstieg). So gewöhnt man sich an die Trägheit des Gepäcks und mögliche Resonanzschwingungen. Zudem bemerkt man rechtzeitig, ob etwas wackelt, schleift oder stört.
Sichtbarkeit
Es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass Radfahrer bei Dämmerung immer noch ausreichend wahrgenommen werden. Selbst wenn man als Radfahrer die Autos noch gut sieht, werden Radfahrer durch nicht immer saubere Scheiben von Autofahrern schon in der beginnenden Dämmerung zu spät gesehen.
Kleine Akku-Leuchten sind günstig, leicht und schnell geladen. Auf sie zu verzichten, ist ebenso leichtsinnig, wie ohne Helm unterwegs zu sein. Achten Sie auch darauf, dass diese hoch genug angebracht sind und nicht durch Gepäck oder Kleidungsstücke abgedeckt werden.
Gewöhnung und Übung
Der Körper lernt durch Wiederholung. Stabilität, Balance sowie die Reaktion auf Bremsen oder Ausweichmanöver sind motorische Abläufe, die sich durch Übung verfestigen. Durch regelmässiges Fahren gewöhnt sich der Körper an das veränderte Gleichgewicht und das direkte Lenkverhalten. Die nötige Sicherheit im Handling entsteht nicht durch Theorie, sondern durch wiederholte Praxis.
Darum sind regelmässige kurze Fahrten zum Bahnhof, zum Einkaufen oder im Quartier besonders hilfreich. Der Körper speichert das Gleichgewicht, die Lenkreaktionen und den Umgang mit kleinen Unebenheiten und reagiert bei Bedarf automatisch.
Dazu gehört auch, sich verschiedenen Situationen auszusetzen. Wer nur bei Sonnenschein auf glattem Asphalt fährt, ist bei Nässe oder auf Kopfsteinpflaster schnell überfordert. Deshalb ist es wichtig, sein Faltrad auch im Gefälle, auf unebenem Untergrund, auf Kies, bei Nässe und mit Beladung kennenzulernen. Sicheres Fahren ist ein Lernprozess.
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