Mythen zu Falträdern

Falträder sind praktisch, kompakt und erstaunlich vielseitig. Trotzdem halten sich einige Vorurteile hartnäckig. Sie seien wackelig, unbequem, nur für kurze Strecken geeignet oder schlicht zu teuer. Doch was ist dran an den Mythen zu Falträdern? In diesem Beitrag nehmen wir die häufigsten Mythen rund ums Faltrad unter die Lupe – mit Fakten, Erfahrung und einem objektiven Blick auf Stärken und Schwächen. Wer ein Faltrad besitzt oder eines anschaffen will, findet hier Antworten und Tipps aus der Praxis.

In den vergangenen Jahren sind zahlreiche neue und ausgereifte Falträder auf dem Markt gekommen. Wer sich sich kundig macht findet ein Modell, dass perfekt zu den eigenen Anforderungen passt.

Mythos 1: Falträder sind nur für kurze Strecken geeignet

Nein, mit Falträdern kann man durchaus auch längere Strecken fahren. Wir legen zwar keine Tagesetappen von deutlich über 80 km zurück, was aber in erster Linie daran liegt, dass wir immer wieder anhalten, um Fotos zu machen oder uns Sehenswürdigkeiten an der Strecke anzusehen. So werden aus vier bis fünf Stunden Fahrzeit leicht acht bis zehn Stunden Reisezeit. Und dann ist der Tag eben um.

Falträder sind deutlich effizienter, als man gemeinhin annimmt, vorausgesetzt, man beachtet bei der Reiseplanung zwei wichtige Dinge: viel Asphalt (guter, harter Untergrund) und genügend Zeit, um 10–15 % langsamer zu fahren als mit einem normalen Fahrrad. Wer dazu mehr wissen möchte, findet im Beitrag „Effizient unterwegs trotz kleiner Räder” die genaue Erklärung.

Im Netz findet man viele Reiseberichte von Faltradfahrern. Viele davon sind von Brompton-Fahrern, die vergleichsweise kleine 16-Zoll-Räder fahren, und stammen aus einer Zeit, als dieses noch maximal sechs Gänge hatte. So hat beispielsweise The Brompton Traveller über die Jahre grosse Reisen auf mehreren Kontinenten unternommen und auch ein Buch speziell zu Reisen mit Falträdern veröffentlicht.

Falträder sind sogar bemerkenswert gute Reiseräder, da sie sich leicht transportieren lassen und man dadurch beim Reisen viele Freiheiten gewinnt. So kann man flexibel auf Dinge wie schlechtes Wetter oder zu steile Anstiege reagieren. Auch dazu findet sich hier im Blog ein Beitrag.

Mythos 2: Falträder sind instabil und unsicher

Falträder haben kleine Räder, damit sie auf ein kleines Packmass zusammengefaltet werden können. Das hat Konsequenzen für die Fahreigenschaften und die Sicherheit. Darum wollen wir diesen Punkt etwas detaillierter betrachten, denn es geht um:

  • den Kreiseleffekt, der Stabilität gibt
  • das Lenkverhalten
  • das Überrollen von Hindernissen
  • Bodenhaftung und Grip
  • mögliche Überhitzung beim Bremsen

Kreiseleffekt: Die Stabilität eines Fahrrads beruht wesentlich auf dem sogenannten gyroskopischen Effekt. Je grösser und schwerer die Laufräder sind, desto stabiler verhält sich das Fahrrad bei höheren Geschwindigkeiten. Kleinere Räder (z. B. 16–20 Zoll) erzeugen einen geringeren Kreiseleffekt. Dadurch fühlen sich kleine Räder weniger stabil an. Sie reagieren empfindlicher auf Lenkbewegungen und Unebenheiten auf der Fahrbahn.

Lenkverhalten: Je kleiner die Räder sind, desto direkter und schneller reagieren sie auf Lenkimpulse. Das bedeutet einerseits eine bessere Wendigkeit, was in der Stadt von Vorteil ist. Andererseits führt es zu einer geringeren Fahrstabilität bei hoher Geschwindigkeit oder plötzlichen Ausweichmanövern.

Überrollverhalten und Hindernisbewältigung: Grundsätzlich rollen kleinere Räder schlechter über Hindernisse wie Schlaglöcher, Bordsteine oder Bahnschienen als grössere Räder. Die Ursache liegt darin, dass ein kleineres Rad ein Hindernis steiler anfährt. Physikalisch bedeutet das eine stärkere vertikale Beschleunigung des Rades, wodurch das Risiko für Kontrollverlust steigt und Fahrer sowie Rahmenstruktur stärker belastet werden. Deshalb ist es wichtig, qualitativ hochwertige Falträder mit einem soliden Rahmen und Faltmechanismus zu kaufen.

Bodenhaftung und Grip: Kleinere Reifen haben eine geringere Auflagefläche. Das kann im Vergleich zu grösseren Radumfängen bei gleicher Gummimischung und Profilierung zu reduziertem Grip führen. Dies muss man besonders bei Nässe oder losem Untergrund (z. B. Schotter) beachten, da die Räder dann schneller wegrutschen können.

Überhitzung: Kleine Räder erhitzen sich beim Bremsen auf langen Abfahrten stärker als Räder mit grösserem Umfang. Bei Felgenbremsen, wie sie bei Falträdern üblich sind, kann dies zu einer Überhitzung und einem plötzlichen Luftverlust führen. Darum ist es ratsam bei langen Abfahrten, gelegentlich kurz anzuhalten und die Felgen etwas abkühlen zu lassen. Ebenfalls hilfreich ist es, im Takt von wenigen Sekunden abwechselnd vorne und hinten zu bremsen.

Was man tun kann, um die Sicherheit kleiner Räder zu verbessern?

Zwar lassen sich die physikalischen Grundlagen kleiner Räder nicht ändern, doch als Fahrerin oder Fahrer haben Sie entscheidenden Einfluss auf ihre eigene Sicherheit. Eine vorausschauende Fahrweise, ein angepasstes Tempo und Aufmerksamkeit beim Fahren sorgen dafür, dass Sie auch mit kleinen Rädern sicher und entspannt unterwegs sind. Gerade auf schnellen Abfahrten, bei denen man schnell mehr Speed aufbaut als gedacht, lohnt es sich, bewusst eine moderate Geschwindigkeit einzuhalten.

Darüber hinaus können Sie durch die Wahl breiterer Reifen und einen etwas reduzierten Reifendruck den Komfort, die Bodenhaftung und das Fahrverhalten deutlich verbessern. Die Räder reagieren dann weniger nervös auf kleinere Unebenheiten und Sie erhalten spürbar mehr Grip und Fahrstabilität.

Und ganz wichtig: Halten Sie stets beide Hände am Lenker, so haben Sie ihr Fahrrad jederzeit sicher im Griff und können im Ernstfall rasch reagieren.

Mythos 3: Falträder eignen sich nicht für grosse Fahrer und Gepäcktransport

Zwar können Falträder für besonders grosse oder schwerere Fahrer eine Herausforderung sein, aber das bedeutet nicht, dass man mit einer Körpergrösse von über 185 cm oder einem höheren Gewicht kein passendes Modell finden kann. Wichtig ist, auf eine geeignete Rahmengeometrie und eine ausreichend lange Sattelstütze zu achten. Ein ausgiebiger Test beim Fachhändler sorgt schnell für Klarheit. Viele Händler bieten sogar die Möglichkeit, ein Faltrad probeweise auszuleihen, und rechnen die Mietkosten bei einem späteren Kauf an.

Was das Gewicht betrifft, sind hochwertige Falträder oft für eine Belastung von 100 kg und mehr ausgelegt. Genauere Werte finden Sie in den technischen Spezifikationen der Hersteller.

Dank moderner Funktionswäsche kommt man mit einem Gepäckvolumen von zweimal 12 Litern auch mehr als eine Woche über die Runden und geniesst ein leichtes und unbeschwertes Reisen.

Auch hinsichtlich des Gepäcktransports haben Faltradhersteller clevere und sehr praxistaugliche Lösungen entwickelt. Zwar sind Falträder bauartbedingt etwas kompakter als grosse Tourenräder, trotzdem lassen sich Gepäckstücke für Touren von einer Woche oder sogar länger unterbringen. Wir transportieren unser Reisegepäck bequem an unserem Brompton und Birdy. Dabei setzen wir allerdings auf eine gewichtsoptimierte Ausrüstung. Mit ein wenig Vorbereitung und einer guten Gepäckstrategie stehen auch längeren Reisen nichts im Wege.

Mythos 4: Falträder sind ineffizient

Bei hochwertigen Falträdern müssen Sie sich bezüglich der Effizienz keine Sorgen über relevante Nachteile im Vergleich zu klassischen Fahrrädern machen. Der Rollwiderstand kleinerer Räder hängt jedoch massgeblich von der Qualität der Reifen und des Untergrunds ab: Auf Asphalt rollen sie ähnlich effizient wie 28-Zoll-Räder, auf weichem oder unbefestigtem Boden ist der Unterschied jedoch deutlich spürbar.

Ein weiterer Punkt ist die aufrechtere Sitzposition auf einem Faltrad. Diese bringt ab Geschwindigkeiten von etwa 20 km/h einen erhöhten Luftwiderstand mit sich. Diesen Nachteil können Sie jedoch ganz einfach durch eine moderate Anpassung der Geschwindigkeit kompensieren – schon eine Reduzierung um etwa 2 km/h bewirkt einen deutlich spürbaren Unterschied.

Falträder laufen gut, doch sie eignen sich besonders gut für gemütliches Cruisen. Mit der Bahn in Süden, um dort schon im März eine Frühlingswochenende zu geniessen. So geht genussvolles Faltradleben.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Sie mit einem Faltrad zwar etwas langsamer unterwegs sind, aber durchaus auch lange Etappen bequem und effizient zurücklegen können. Wichtig ist dabei, dass Sie bei der Routenplanung möglichst guten Untergrund bevorzugen: Viel Asphalt und möglichst wenig weiche Böden sorgen für eine angenehme Fahrt.

Mythos 5: Falträder sind unbequem

Falträder sind in der Regel nur in einer Einheitsgrösse erhältlich. Zwar gibt es meist verschiedene Optionen zur Anpassung von Lenkerhöhe und Sattelstütze, doch im Gegensatz zu normalgrossen Fahrrädern gibt es oft keine Grössenabstufungen wie S, M, L oder XL.

Dadurch ergibt sich für grössere Fahrerinnen und Fahrer eine aufrechtere und weniger gestreckte Sitzposition, womit ein grösserer Teil des Körpergewichts auf dem Sattel lastet. Gerade bei längeren Fahrten kann dies unter Umständen zu Ermüdung führen. Optimal ist eine Gewichtsverteilung, bei der nur etwa ein Drittel des Gewichts vom Sattel getragen wird und die beiden weiteren Drittel zu gleichen Teilen auf die Hände am Lenker und die Füsse auf den Pedalen verteilt sind.

Um den Komfort Ihres Faltrads zu steigern, ist es daher ratsam, einen gut passenden Sattel sowie ergonomisch geformte Lenkergriffe zu montieren. Insbesondere Griffe mit einer grösseren Auflagefläche für die Handballen reduzieren die Belastung Ihrer Hände im Vergleich zu einfachen runden Griffen spürbar. Schon diese kleinen Anpassungen sorgen dafür, dass Sie auf Ihrem Faltrad angenehm und bequem unterwegs sind.

Mythos 6: Falträder verschleissen schneller

Aufgrund ihres geringeren Umfangs haben kleinere Räder tatsächlich etwas höhere Verschleisserscheinungen als klassische 28-Zoll-Räder. Die Räder drehen sich pro gefahrenem Kilometer schneller und häufiger, und die kurzen Speichen reduzieren die Flexibilität der Laufräder etwas. Dadurch werden Reifen, Felgen und Naben etwas stärker beansprucht.

Wie stark sich dies im Alltag tatsächlich bemerkbar macht, hängt von der Nutzung ab. Da mit Falträdern häufig kürzere Strecken zurückgelegt werden, bleibt der praktische Unterschied meist gering. Dennoch sollten Sie insbesondere bei Falträdern mit Felgenbremsen die Wandstärke der Felgenflanken und den Zustand der Bremsbeläge regelmässig überprüfen – etwas häufiger als bei Fahrrädern mit grösseren Rädern.

Ein weiterer spezifischer Verschleisspunkt ist der Faltmechanismus. Falträder verfügen über Scharniere, Gelenke, Bolzen und Klemmen, in denen durch häufiges Falten Spiel entstehen kann. Ausserdem können Staub und Sand in die Gelenke eindringen und gelegentlich Geräusche verursachen.

All diese Punkte lassen sich durch einfache Pflegemassnahmen wie regelmässige Reinigung, gelegentliches Nachfetten und kontrolliertes Nachziehen der Schrauben vermeiden. Da jedes Fahrrad – egal welcher Bauart – Pflege benötigt und einmal jährlich einen fachmännischen Service erfordert, fällt der Mehraufwand beim Faltrad kaum ins Gewicht.

An hochwertigen Falträdern sind lange halbare Teile verbaut. Eine so schön gearbeitete Klemme hält Jahrzehnte. Auch auf die jahrelang erprobte Scheibenbremse von Shimano am Birdy kann man sich getrost verlassen.

Hochwertige Falträder sind genauso haltbar wie andere hochwertige Fahrräder. Um sicher und zuverlässig unterwegs zu sein, empfiehlt es sich daher, Ihr Faltrad regelmässig professionell prüfen und warten zu lassen – genauso, wie Sie es bei einem klassischen Fahrrad auch tun würden.

Mythos 6: Falträder klettern schlecht

Die Steigfähigkeit eines Fahrrads wird in erster Linie durch die Übersetzung bestimmt. Mit einer ausreichend kurzen Übersetzung meistert ein Faltrad Steigungen nahezu genauso gut wie ein Fahrrad mit grösseren Rädern – sofern Sie nicht den Anspruch haben, im Wiegetritt sportliche Rekorde aufzustellen.

Günstigere Falträder verfügen jedoch oft über nur wenige Gänge. Das liegt entweder daran, dass für Falträder besonders praktische Nabenschaltungen verwendet werden, oder schlicht an Einsparungen bei günstigen Modellen. Mit nur fünf oder weniger Gängen lassen sich kurze Gänge für steile Anstiege und lange Gänge für eine flotte Fahrt in der Ebene nicht gleichzeitig realisieren.

Bei hochwertigen Falträdern sieht das anders aus. Diese bieten in der Regel genügend Gänge, um sowohl anspruchsvolle Touren als auch längere Bergauffahrten zu meistern. Das Birdy von Riese & Müller ist beispielsweise mit einer 10-Gang-Shimano-Kettenschaltung oder einer 14-Gang-Rohloff-Speedhub-Schaltung erhältlich. Brompton bietet die C-Line mittlerweile mit einer komfortablen 12-Gang-Schaltung an und das Verge von Tern lässt sich mit hochwertigen SRAM-Komponenten ausstatten.

Auch leistungsfähige Falträder eignen sich nicht für alles. Für einen historischen Säumerweg holt man besser das Gravel- oder Mountainbike aus dem Keller. Passstrassen sind mit einem kurz genug übersetzten Faltrad jedoch kein Problem.

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass hochwertige Falträder hinsichtlich der Gänge bestens ausgerüstet sind, um auch am Berg eine gute Figur zu machen. Wenn Sie dennoch Zweifel haben, finden Sie hier im Blog  einen  Erfahrungsbericht zu meinen Touren mit dem Brompton über Alpenpässe.

Mythos 7: Falträder sind zu teuer

Dieser Eindruck entsteht vor allem dann, wenn die Faltbarkeit, der entscheidende Vorteil eines Faltrads, nicht genutzt wird. Wer kein faltbares Fahrrad benötigt, hat möglicherweise das falsche Rad gewählt und bezahlt somit für eine Funktion, die im Alltag gar nicht gebraucht wird.

Sobald Sie Ihr Faltrad jedoch konsequent multimodal einsetzen, etwa indem Sie es kostenlos im öffentlichen Verkehr mitnehmen oder platzsparend im Kofferraum Ihres Autos transportieren, zeigt sich schnell der Mehrwert. Ein Faltrad spart das Geld für Zusatztickets im öffentlichen Verkehr. Im Kofferraum des Auto entfällt der Mehrverbrauch an Kraftstoff, der beim Transport auf dem Heckträger entsteht.

Es hat viele Vorteile, wenn man Fahrräder im anstatt am Auto transportieren kann. Je nach Auto und Faltradmodell geht das sogar ohne Umlegen der Rücksitze.

Darüber hinaus bietet ein Faltrad einen nicht zu unterschätzenden Zusatznutzen: Weil es kompakt und leicht transportabel ist, können Sie es deutlich häufiger dabeihaben. Auf Geschäftsreisen, bei Freizeitaktivitäten oder im Urlaub erweitert ein Faltrad Ihre Mobilität erheblich und ermöglicht spontane Radtouren, die mit einem herkömmlichen Fahrrad gar nicht erst stattfinden würden. In Anlehnung an ein bekanntes Sprichwort könnte man sagen: Das beste Fahrrad ist jenes, das man gerade zur Hand hat – und genau hier spielt das Faltrad seine Stärken aus.

Fazit

Falträder sind nicht für jeden die ideale Wahl. Wer ein spezialisiertes Sportgerät sucht, ist mit einem dafür ausgelegten Rennrad oder Mountainbike besser beraten. Wer regelmässig Kinder oder Lasten transportieren möchte, kauft natürlich besser ein Lastenrad.

Wer jedoch ein vielseitig einsetzbares, flexibel in den Alltag integrierbares und auch auf Reisen unkompliziert mitnehmbares Fahrrad sucht, trifft mit einem Faltrad eine kluge Wahl. Moderne Falträder sind langlebig, hochwertig verarbeitet und überzeugen mit effizientem Fahrverhalten. Die konstruktionsbedingten Einschränkungen, etwa beim Fahrkomfort oder der Auswahl an Rahmenformen, werden durch die Vorteile der Faltbarkeit mehr als aufgewogen.


Kommentare

Eine Antwort zu „Mythen zu Falträdern“

  1. Ich denke, es ist zentral, sich über den Verwendungszweck klar zu werden und genau dafür liefert dieser Beitrag die Antworten, sachlich, klar und nicht werblich. Danke dafür.

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