Unbeschwert reisen mit dem Brompton T-Line Explore

Endlich gibt es ein Brompton mit grosser Entfaltung und geringem Gewicht. Das unbeschwerte Reisen wird mit dem Brompton T-Line Explore noch einfacher. Mit viel Titan und etwas Carbon ist zwar teuer, aber auch edel und langlebig. Lohnt sich der Kauf? Für wen ist es geeignet? Und wie hat es sich auf den ersten 500 Kilometern bewährt?

Erfahrungen der ersten Wochentour

Nach zwei Tagestouren in der näheren Umgebung zum Einfahren des neuen T-Line geht es für eine Woche nach Frankreich. Wie immer mit zu viel Gepäck. Da es regnet und auch die Wettervorhersage düster ist, planen wir die Reise unterwegs mehrmals um und können so auch die Transportfähigkeit des leichten Faltrades ausgiebig testen.

Die Erfahrungen mit dem T-Line sind:

  • Die 12 Gänge, kombiniert mit einem 39er-Kettenblatt (nicht standardmässig erhältlich), eignen sich sehr gut für Touren mit Gepäck. Beim gemütlichen Reisen fährt man meist im zweiten Gang der Nabe, welcher nicht übersetzt ist und somit nahezu verlustfrei arbeitet.
  • Dank des geringen Gewichtes kann das T-Line trotz vollem 25 L Borough Rolltop Bag aufgeklappt gut Bahnhofstreppen hinauf- und hinabgetragen werden. Beim Fahren hingegen ist der Unterschied zu Stahl-Bromptons kaum spürbar.
  • Mit voll ausgezogener langer Sattelstange (ich bin 185 cm gross) lastet mehr Gewicht auf den Händen als bei der H-Ausführung der C-Line. Was allerdings auch Vorteile hat: Der Sattel ist auf geringes Gewicht und nicht auf Komfort getrimmt.
  • Dass die Schaltung kompliziert sei, kann ich nicht nachvollziehen. Normalerweise steht die Nabe im zweiten Gang, bei Anstiegen im ersten. Ansonsten schaltet man links durch die vier Gänge – das kann man lernen.
  • Der Faltvorgang geht leichter von der Hand als bei der Stahl-Variante. Das liegt einerseits am geringeren Gewicht, mehr noch aber den besseren Klemmen mit immer richtig positionierten Fixierprofilen.
  • Die raue Titanoberfläche ist ein Schmutz-Magnet. Nach einem Tag im Regen sieht das edle T-Line ziemlich schäbig aus. Und es ist auch nicht leicht zu reinigen.

Ist das T-Line ein besseres Tourenrad als ein C-Line? Ja, aber nicht so viel besser, dass es den Mehrpreis rechtfertigt. Auch längere Touren mit Gepäck sind kein ausreichender Grund, ein T-Line zu kaufen, denn der Gewichtsvorteil relativiert sich mit den Taschen am Rad. Vielleicht ist das nur rund halb so teure und lediglich 2 kg schwerere P-Line Explore der ideale Kompromiss.

Wofür eignet sich das T-Line eigentlich?

Ganz klar für eine unglaublich unbeschwerte Mobilität. Mit keinem anderen Faltrad ist man so leichtfüssig unterwegs – und kann trotzdem lange Strecken und steile Anstiege bewältigen. Der Unterschied von 4 kg zu einem vergleichbaren C-Line ist ohne Gepäck frappant und bereitet bei jeder Fahrt Freude.

Die nächsten Monate werden es zeigen, aber aus heutiger Sicht ist das T-Line das ideale „immer dabei“ Rad. Die schönen Bilder von Bromptons unter Schreibtischen, in Einkaufswagen oder in Gepäckablagen von Zügen suggerieren einen Lebensstil, der erst mit 4 kg weniger Gewicht sinnvoll umgesetzt werden kann.

Passt die 12-Gang Schaltung zum T-Line?

Eine berechtigte Frage, denn ein tourentaugliches T-Line mit Naben- und Kettenschaltung, Schutzblechen, Werkzeug, Ergogriffen und tourentauglicher Bereifung (Continental Contact Urban und Butyl-Schläuche) wiegt gut 9 kg.

Das kommt dem deutlich günstigeren P-Line schon recht nahe. Obwohl dieses natürlich auch schwerer wird als im Katalog angegeben, wenn man es tourentauglich macht. Aber eben etwas weniger, weil es von Haus aus keine pannenanfälligere Leichtreifen mit Turbolito-Schläuchen hat oder federleichte Schaumgriffe.

Wäre die Viergang-Variante nicht die bessere Wahl? Nun, der Gewichtsunterschied beträgt nur ca. 500 Gramm, die Entfaltung beträgt jedoch nur 160 % anstelle 408 %. Ohne viel Gepäck und in einer nur mässig hügeligen Region mögen 160 % reichen. Zu mehr aber auch nicht. Das Mehrgewicht der Nabe wird meiner Meinung nach durch die vielfältigeren Einsatzmöglichkeiten mehr als wettgemacht.

Allerdings ist die 12-Gang-Schaltung von Haus aus lang übersetzt. Mit dem 50er-Kettenblatt beträgt die Entfaltung 2.3 m – 9.5 m. Darum war für mich die (komplizierte) Nachrüstung eines 39er-Kettenblattes wichtig. Damit reduziert sich die Entfaltung auf 1.8 m – 7.4 m. Zum Vergleich: Die kleinste Entfaltung von Mountainbikes liegt um 1.5 m.

12-Gang vs. 6-Gang-Schaltung

Im Vergleich zum C-Line mit 6-Gang-Schaltung hat man auf beiden Seiten der 12-Gang-Schaltung noch einen Gang mehr. Die 3×2 Schaltung deckt den zweiten bis elften Gang der 3×4 Schaltung ab. Das ist durchaus praktisch, aber auf gängigen Touren kein riesiger Unterschied. Den Gewichtsunterschied kann man auch vernachlässigen.

Was hingegen spürbar ist: Die 12-Gang-Schaltung deckt mit 39er-Kettenblatt (nachgerüstet) im zweiten, d.h. verlustfreien Naben-Gang, eine Entfaltung von 3.0 m – 4.8 m ab.

Die 6-Gang-Schaltung (ebenfalls mit 39er-Kettenblatt) hingegen nur 3.2 m- 4.0 m. Man kann also weniger oft im verlustfreien 2. Gang der Nabe fahren. Zudem sind bei ihr die Gangsprünge mit rund 25 % grösser als die durchschnittlichen 18 % der 12-Gang-Schaltung, respektive deren 10 nicht überlappenden Gängen.

Rechtfertigt sich der hohe Preis des T-Line?

Lohnt es sich, so viel Geld für ein Faltrad auszugeben? Natürlich lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten, denn jede Investition steht in Konkurrenz zu anderen Ausgaben und unterliegt Budgetrestriktionen.

Aus der Glücksforschung ist bekannt, dass Erlebnisse glücklicher machen als der Besitz materieller Dinge. Etwas zu kaufen lässt zwar kurzfristig die Glückshormone ansteigen, aber man gewöhnt sich schnell an den neuen Besitz. Die Wirkung verpufft. Schöne Erlebnisse hingegen hinterlassen bleibende Erinnerungen.

Ein Fahrrad bietet beides: Erlebnisse und Freude am Besitz. Zudem sind die laufenden Kosten und der Wertverlust viel geringer als beispielsweise bei einem Luxusauto. Letztlich ist die T-Line jedoch Luxus, den man nicht unbedingt braucht. Man kann auch mit anderen Rädern glücklich werden. 


Kommentare

10 Antworten zu „Unbeschwert reisen mit dem Brompton T-Line Explore“

  1. Avatar von Michsel Groier
    Michsel Groier

    Wie ist der umbau von der 50er-carbonkurbel auf ein 39er kettenblatt gelungen?
    ich bin nur deshalb auf das p-line explore umgestiegen, weil die carbonkurbel eine 39er- umrüstung nicht zuläßt.
    also: schwerere c/p-line kurbel oder andere option? und: wieviel gewichtsvorteil verspielt man damit?
    freue mich auf eine seriöse rückmeldung,
    liebe grüße,
    sebi

    1. Avatar von Jacques

      Guten Morgen Sebi

      Ich habe den Umbau im Velokurierladen in Bern vornehmen lassen, da es tatsächlich nicht einfach ist. Ersetzt wurde nur der Spider, nicht die Kurbel. Irgend ein Produkt aus Taiwan, das extra bestellt wurde. Ich denke, Du bekommst die präziseste Antwort direkt vom https://velokurierladen.ch. Kontaktperson ist Michel (info@velokurierladen.ch) – Gruss, Jacques

  2. Hallo!

    Dein Beitrag ist ja nun schon über ein Jahr alt. Was mich interessieren würde:

    Nach nun vielen Kilometern mehr als die ersten 500 – gibt es Punkte (negative, positive) die Du hinzufügen würdest?
    Hat das T-Line zwischenzeitlich Probleme gemacht, die man eventuell mit entsprechender Vorsorge vermeiden kann?

    Ein wenig Hintergrund:
    Ich habe es tatsächlich geschafft, das Hauptrahmenscharnier des C-Line von Brompton (6-Gang) nach 1,5 Jahren auf die letzte Bohrweite servisieren lassen zu müssen. Das Scharnier hatte bereits so viel Spiel.

    Und nun fahre ich den Luxus eines T-Line 12-Gang 🙂
    Und versuche entsprechend vorsichtiger damit umzugehen und bin natürlich für Tipps bezüglich Haltbarkeit und Prevention sehr dankbar.

    1. Avatar von Jacques

      Hallo Christoph

      Vielen Dank für Deinen Input, und Gratulation zum T-Line. Ich werde den Beitrag in den nächsten Tagen entsprechend ergänzen. Kurz vorab: Das T-Line hat keinerlei Probleme bereitet und ist inzwischen zu meinem Lieblings-Brompton geworden. Die Leichtigkeit ist einfach grossartig. Ich habe mir die graue 17 Liter Tasche gekauft und geniesse die Beweglichkeit von T-Line mit kleinerer Tasche. Ich habe in den letzten Monaten allerdings Ergogriffe montiert (ich habe zu viel Gewicht auf den Händen, da ich gross bin) und den Sattel ausgetauscht. Das Quietschen der beschichteten Sattelnase ging mir auf die Nerven.

      Gruss
      Jacques

      1. Hallo Jacques!

        Vielen Dank für die schnelle Kurzantwort. Das beruhigt schon mal einigermaßen. Freue mich auf ein Update Deines Berichtes.

        LG

        1. Avatar von Jacques

          Hallo Christoph

          Ein entsprechender Beitrag ist nun online.

          Gruss
          Jacques

  3. Hoj, hoj.
    Danke für den wunderbaren Artikel zum Brompton T-Line. Ich bin vermutlich der erste österreichische Bromptonaut, da ich meines 1990 gekauft habe. Nach einem Haupt-Rahmenbruch folgte das zweite 2012, eine 6-Gang Version. Um es bergtauglich zu machen, habe ich mir von Fahrrad PUR in Dornbirn eine Schlumpf-Mountain-Drive einbauen lassen. Damit habe ich 12 (de facto 10 echte) Gänge mit einer Entfaltung von 1,02 bis 8,20 Meter. Nun bin ich 74 Jahre alt und das Hochhieven des fast 15 kg schweren Brompton in die Gepäckablage oder das Hochtragen in Bahnhöfen, wo der Lift kaputt ist, wird zunehmend unangenehmer. Ich gehe schwanger mit dem Kauf eines T-Bromptons mit einem 50er Kettenblatt, das aber eine Entfaltung von 2,26 bis 9,47m hat, für die Berge hier in Vorarlberg mühsam und eigentlich ungeeignet. Den kurzen 13% Anstieg nach Hause schaffe ich mit dem Einkaufskorb akzeptabel nur mit meinem 2. Gang, der 1,2 m Entfaltung hat. Meine Anfrage bei Brompton ergab, dass es kein kleineres Kettenblatt gibt aber ein „Rückbau“ mit Brompton Teilen mit einem 44er Kettenblatt möglich ist und damit das Gewicht um 400 Gramm erhöht wird. Ein kleineres Kettenblatt sei seitens Brompton nicht möglich. Danke für die klaren Antworten auf die bisherigen Fragen. Ergänzungsfragen:
    Um wieviel schwerer wurde das Brompton durch das kleinere Kettenblatt (eigentlich müsste es leichter werden, aber der Umbau erfolgte vermutlich nicht mit Carbon/Titan)?
    Stimmt meine Berechnung: die Entfaltung mit dem 39er Kettenblatt ist von 1,76 m bis 7,39 m?
    Nach einem Jahr in Verwendung: gibt es Nachteile durch den Umbau?

    Nochmals vielen Dank und viel Freude beim Bromptonieren.
    Mit sonnigem Gruß
    Helmut aus Vorarlberg
    Architekt, Bromptonaut, Zeitverzögerer, Passivist

    1. Avatar von Jacques

      Hallo Helmut

      Dann feierst Du ja 35 Jahre Bromptonaut. Hatte Dein erstes Brompton schon die heutige Form, oder hat es seit dem Designanpassungen gegeben?

      Ich habe den Umbau des T-Line auf ein 39 Kettenblatt beim Velokurierladen in Bern gleich beim Kauf des T-Line machen lassen (Michel, info@velokurierladen.ch) Es war scheinbar etwas kompliziert, damit die Kette noch am Rahmen vorbei kommt. Die Jungs haben spezielle Unterlagsscheiben eingebaut. Auch die Suche nach einem passenden Spider hat etwas Recherche benötigt. Wir haben uns schliesslich für einen Alu-Spider entschieden, da nicht schwerer als eine Alternative aus Titan aber deutlich billiger.

      Ja, Du hast die Entfaltung korrekt gerechnet. Mit den 1.8 m komme nun wirklich jede Steigung hoch, zumindest auf Strassen, die für ein Faltrad gedacht sind. Und in der Ebene komme ich trotzdem flott voran.

      Das Gewicht meines T-Line hat sich durch den Umbau auf das 39er Kettenblatt nicht geändert. Nachteile habe ich keine festgestellt. Die Kette läuft immer noch sauber und kratzt trotz dem minimalen Abstand zum Rahmen nicht daran.

      Viele Grüsse und sichere Fahrt
      Jacques

  4. Avatar von Helmut Krapmeier
    Helmut Krapmeier

    Donnerwetter, 35 Jahre. Daran habe ich nicht gedacht. Das ist gleichzeitig ein Beweis für das gute Design und die gute Qualität des Brompton: Design-mäßig hat sich wenig verändert: mein erstes war schwarz und hatte noch eine 5-Innengangschaltung mit 2 Hebeln. Die Bremsen waren schwach.

    Das zweite war weiß (kann ich nur für Waschfanatiker empfehlen), hatte die 3-Innengangschaltung + 2 Außengänge. Die Bremsen waren schon besser.

    Jetzt greife ich ganz, ganz tief in die Tasche und kaufe mir ein T-Brompton. Alle deutlich jüngeren brauchen das sicher nicht.

    Ich wünsche mir von Brompton, dass sie auch eine bergtaugliche Schaltung in Zukunft anbieten.

    Mit sonnigem Gruß aus den Vorarl-Bergen, Helmut

    1. Avatar von Jacques

      Hallo Helmut

      Mit einem T-Line kaufst Du nicht nur ein Rad, sondern auch viele schöne Erlebnisse. Du wirst das leichte Teil in vielen Situationen einfach zu Hand haben und so auch viel öfters brauchen. Ich wünsche Dir viel Freude und unfallfreie Fahrt damit. Führe es im nächsten Frühling auch mal zu einem Origami-Ride aus.

      Gruss
      Jacques

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